Ralf Haase
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Der Sinn des Lebens


Alles war unendlich: unendlich groß, unendlich schön, unendlich perfekt. Doch, so fragte Gott die Wesen im Universum: "Was heißt unendlich? Was heißt perfekt?" Er bekam keine Antwort. Wie sollte er auch? Keiner im Universum kannte das Gegenteil. Keiner kannte Endlichkeit. Keiner kannte Mangel. In einem Universum, wo alles harmonisch war, gab es nur unendliche Perfektion. Und genau das stellte eine Grenze dar. Eine Grenze der Entwicklung. Wie konnte etwas noch besser oder schöner werden, was schon vollkommen war?

Da kam Gott die Idee, ein Universum der Begrenzung zu schaffen. Wie eine Bühne im Theater. Auf der Bühne spielt sich alles ab. Für die Schauspieler ist die Welt am Rand der Bühne zu Ende. Natürlich geht es danach weiter. Aber die Schauspieler können nur auf der Bühne agieren. Ach ja, die Schauspieler: Jedes Wesen im richtigen Universum konnte sich ausdehnen, wie es wollte. In einem Universum, das begrenzt war oder zumindest begrenzt wirken sollte, mussten natürlich auch die Wesen in ihrer Ausdehnungsmöglichkeit begrenzt sein. Viele Dinge also, die es zu bedenken gab, bevor das begrenzte Universum erschaffen werden konnte.

Es gab ein besonders verspieltes Wesen im richtigen Universum, welches Gott später, als er die Namen erfand, Theofel nannte. Gott verdeutlichte Theofel seine Idee und beauftragte ihn, sich möglichst viele Details für das neue, begrenzte Universum auszudenken und für die Umsetzung vorzubereiten. Theofel war in seinem Element. Ähnlich einer Eisblume verästelten sich seine Ideen immer weiter. Und wurden immer komplexer. Zunächst entwickelte Theofel die "Baupläne" für die "Bühne des Lebens". So nannte Theofel fortan das neue begrenzte Universum. Er legte Gesetzmäßigkeiten fest, die das neue begrenzte Universum, die Bühne des Lebens, überhaupt erst ermöglichten. Naturgesetze nannte er sie. Es war nämlich gar nicht so einfach, ein begrenztes Universum zu schaffen. Schließlich war eigentlich alles unbegrenzt. Im realen, vollkommenen Universum musste Theofel sozusagen eine Lücke schaffen. Das hatte es noch nie gegeben. Das würde der Knaller, der Urknall, freute sich Theofel.

Immer weiter verästelte sich die Eisblume, also die Ideen von Theofel. Je mehr er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass er diese Begrenztheit sehr detailliert gestalten würde. Man stelle sich einmal vor, wie erhaben es sein musste, klein zu sein. Und wie viel noch erhabener, wenn man als kleines begrenztes Wesen zum ersten Mal das Große erblickte! Und was man mit den Formen alles machen konnte: dick, dünn, lang, kurz, breit, schmal. Unermüdlich dachte Theofel sich die weiteren Details der Bühne des Lebens aus.

Irgendwann war es dann soweit: Zu einem ersten Versuch lud er die Wesen des realen Universums ein. Er verdeutlichte ihnen seine Pläne und lud sie ein, am Experiment teilzunehmen. Kaum ein Wesen konnte sich vorstellen, wie es sein würde, begrenzt zu sein, aber es gab eine ganze Reihe, die bereit waren, mitzumachen. Besondere Vorkehrungen mussten getroffen werden, die die Wesen in Körper pressten. Körper, so nannte Theofel die scheinbar begrenzten äußeren Formen, in denen die Wesen auf der Bühne stehen sollten.

Endlich war alles vorbereitet. Gott setzte Theofels Ideen, angereichert mit eigenen, um, und zum ersten Mal entstand im unendlichen realen ein begrenztes Universum. Wie eine Art Luftblase im großen Ozean. Die Naturgesetze wurden nach und nach verfeinert. Schließlich musste sich das neue, begrenzte Universum, diese neue Bühne des Lebens, ja so schnell ausdehnen, dass sie nicht sofort wieder in sich zusammen fiel. Andererseits musst sie sich so langsam ausdehnen, dass sich die in der Blase enthaltenen Teilchen auch zusammenfügen konnten, zum Beispiel, um Planeten zu bilden.

Die Wesen mussten sich erst an die neue Umgebung gewöhnen. Sich nicht mehr beliebig ausdehnen zu können, war eine völlig neue Erfahrung! Eifrig untersuchten sie die Bühne des Lebens. Was es da alles zu bestaunen gab: Tag und Nacht, hell und dunkel, verschiedene Farben und Formen. Und die Schwerkraft! Man blieb sozusagen am Boden kleben. Und die Körper waren zerbrechlich! Stürzte sich ein Wesen von einer Klippe und kam auf dem Boden auf, platzte der Körper auf!

Nach einiger Zeit beendete Theofel das Experiment mit Gottes Einverständnis. Mit allen Wesen, die am Experiment teilgenommen hatten, beratschlagte man, wie es denn nun weiter gehen sollte.

Fest stand, dass man das Experiment wiederholen wollte. Aber: Man wollte mit mehr Ernsthaftigkeit an die Sache gehen! Solange jedes Wesen so unachtsam mit seinen Körpern umging, war es mehr eine Alberei als eine ernsthafte Entwicklung, die da auf der Bühne des Lebens von statten ging.

Und so entwickelten die Wesen viele, viele Ideen, wie denn nun die neue Bühne aussehen sollte. Neben der Gestaltung der Planeten, u.a. der Erde, mit vielen Details (so z.B., dass es unterschiedliche Temperaturen geben sollte, ja sogar Frost und Schnee!) wurde vor allem Wert auf die Entwicklung der Wesen gelegt. Klar war, dass man für die Erfahrung der Begrenztheit auch so etwas wie Zeit einführen wollte. Die Wesen sollten während der Zeit, wo sie auf der Erde waren, das Gefühl haben, dass sie nur eine begrenzte Zeit lebten. Und sie sollten ohne Wissen auf die Welt kommen: Sie sollten die Welt und sich immer neu entdecken können (oder müssen). Und schließlich dachte man sich auch noch so etwas wie Schmerzen aus. All diese Dinge sollten verhindern, dass man mit seinem Körper unachtsam umging.

Theofel selbst kam dann noch auf die Idee, die Körper nicht einheitlich zu gestalten. Schließlich sei doch auf der Bühne der Welt alles polar. Es gäbe groß und klein, dick und dünn, oben und unten. Da passe doch ein Körper mit nur einer Form nicht dazu. Man müsste ihn irgendwie teilen. Doch das war unpraktisch. Endlich kam ihm mit Gottes Hilfe die zündende Idee: Es sollte Mann und Frau geben! Ausgestattet mit dem tiefen Wunsch, wieder ein Wesen zu sein und sich zu vereinigen!

Lange gedankliche Diskussionen gab es über die Dauer der Bühne des Lebens. Schließlich wurde vereinbart, dass sie solange existieren sollte, bis die Wesen auf der Erde (Theofel nannte sie mittlerweile Menschen) sich paradiesische Verhältnisse geschaffen haben würden, sprich: bis sie sich so weit entwickelt haben würden, dass sie im Rahmen der irdischen Möglichkeiten alles perfekt gestaltet haben würden. Also bis sie im Einklang mit der Natur, mit den anderen Menschen und sich selbst sein würden.

Gott war begeistert von den vielen Ideen! Was für eine Bereicherung des realen Universums! Die Idee, dass es ein scheinbar begrenztes Universum geben würde, war sensationell. Und was für ein Geniestreich! Gott versteckte sich sozusagen vor sich selbst! Was würde das für eine Freude sein, wenn die Wesen nach dieser Erfahrung und dieser Entwicklung mit unendlich vielen Erkenntnissen wieder in das reale Universum zurückkehren würden!

Gott würde die ganze Zeit über die Bühne des Lebens wachen. Aber er würde sich nicht in die Geschicke der Menschen einmischen. Er wusste, dass den Menschen nicht wirklich etwas passieren konnte. Sie hatten beliebig viele Leben zur Verfügung, um zu lernen. Und die Wiedersehensfreude würde einmal unendlich groß sein.

Gott beauftragte Theofel noch, den Menschen das Streben nach dem Guten und das Vertrauen in die Liebe mitzugeben. Gleichzeitig bat er Theofel aber auch, das Böse zu vertreten. Als Teufel sollte er die Menschen immer wieder in Versuchung führen! Wie sollte man denn sonst die Liebe fördern und das Gute kultivieren können, wenn es nicht das Böse gäbe? Das einzig Vollkommene auf der Erde, sagte Gott, ist die Liebe zur Unvollkommenheit. Erst wenn alle Menschen ihre eigenen Stärken und Schwächen und die aller anderen Menschen erkennen und lieben gelernt haben, wird das Paradies wieder erreicht sein! Mit diesen Gedanken startete er die Bühne des Lebens.

English translation summary:

In paradies everything was perfect, but boring. So god makes earth. The souls came to earth and make experiences about an imperfect world. That was interesting, but in the beginning, the souls could remember, that they are part of god. So they didn't care about their lives. They know, they had many.

You know the film Groundhog Day? http://en.wikipedia.org/wiki/Groundhog_Day_%28film%29

There you can see what I mean. Phil Connors, an arrogant weatherman, finds himself in a time loop, repeating the same day again and again (like our incarnations). So, if you know you have several lives, you have no fear and don't care about your life.

So God decided to make a change. You forget everything from past lifes if you were (re)born. Now you are really careful with your life, because you think you only have this one. And you have fear. Fear to be hungry, to have not enaugh money, to be not loved, and so on.

Now you can make much more experiences here on earth. You learn, what it means to be little, alone, sick, and so on.

Of course you learn good things (joy, success,...) too. But the good things are easy to accept. The problem is to accept the bad things. You DON'T have to say: I am happy about the bad things! But you have to examine, what you can learn about the bad situation, you may be in. And learn about your fears. See, what chances lie in the bad situation.

It is easy to say: I love the world. But if you are in really bad situations, can you still say it?

Can you forgive other people? One wise man sad, you can only really forgive another person, if you know, that you could have done the same (if having the same childhoud, the same circumstances and so on like the "bad" person).

So, in paradies it was easy to love, because everything was perfect. To show how deep your love really is, you have to be on earth with all the imperfectness :-)